Leider hatten wir auch dieses Jahr immer wieder Probleme mit der Qualität des Pool-Wassers. Zwar war die Nutzung aufgrund der Kinder (und ihrer ganzen Freunde) sicher sehr hoch, aber dass das Wasser trotz sorgfältiger Prüfung und Dosierung alle paar Wochen fast oder ganz kippte war extrem nervig. Im folgenden Beitrag möchte ich daher meine Erfahrungen teilen…
Wer falsch misst, misst Mist.
Meine erste Vermutung war, dass ich vielleicht beim Messen von pH- und Chlorwert irgendetwas falsch mache – schließlich hatte ich die bislang immer mit einem einfachen Schütteltester abgelesen. Also habe ich gleich zum Saisonstart rund 100,- € in einen „Scuba II“ investiert – ein photoelektronischer Wassertester. Vereinfacht gesagt kümmert sich da ein Photosensor darum, das Ergebnis einer Färbetablette zuverlässig abzulesen (man brauch also weiterhin Testtabletten). Außerdem kann man damit u.a. auch den wichtigen Cyanursäurewert bestimmen.
Cyanursäure verlangsamt den Abbau von aktivem (freiem) Chlor im Schwimmwasser, und ist in allen „normalen“ (organischen) Chlorprodukten vorhanden. Cyanursäure kann nur durch (teilweisen) Wassertausch reduziert werden – Rückspülen ist also sehr wichtig. Zu viel Cyanursäure im Wasser führt dazu, dass das Chlor nicht mehr wirkt, egal wie viel davon im Pool ist.
Die Cyanursäure-Konzentration sollte idealerweise bei 5-10mg/l liegen, der Chlorverbrauch steigt überproportional mit der Konzentration, ab 50mg/l nimmt die Chlorwirkung dramatisch ab. Bei mir lag der Wert zum Saisonbeginn bei 88mg/l. 🙁 Erste Amtshandlung war dann also gleich mal ein vollständiger Wasserwechsel. Zudem beschlossen wir, auf anorganisches Chlor umzusteigen – das enthält nämlich keine Stabilisatoren, muss deshalb aber in wesentlich kürzeren Intervallen zugegeben werden.
Anorganisches Chlor ist nicht in Baumärkten etc. zu erhalten, man muss es bestellen und bekommt es dann als Gefahrguttransport zugestellt.
Anfangs lief es mit dem neuen Chlor ganz gut – die Wasserqualität war prima, ich habe mit dem Scuba täglich alle relevanten Werte überprüft, aber wir mussten 2-3x pro Tag das Chlor nachdosieren. Das ist auch nichts, womit man die Nachbarn belästigen möchte – also sah der Pool nach dem Pfingsturlaub wieder so aus:
Spätestens da war klar, dass das irgendwie automatisiert werden muss. Das Prinzip ist total einfach: statt Granulat werden flüssige Stoffe verwendet, die Wasserwerte werden elektronisch gemessen und automatisch per Dosierpumpe entsprechend angepasst. Dafür gibt’s selbstverständlich fertige Lösungen, leider beginnen die nur alle im oberen dreistelligen Bereich.
Eigenbau Dosieranlage
Angeregt von der sehr ausführlichen Beschreibung in einem anderen Baublog habe ich also auch eine eigene Lösung entwickelt. Mein ausdrückliches Ziel war, die Kosten so gering wie möglich zu halten, die Messung und Dosierung dennoch so ordentlich und sicher wie möglich zu machen.
Die Meßstrecke
Für die Messung von pH und (indirekt) Chlor benötigt man eine separate Meßstrecke, da das Wasser im Hauptkreis zu schnell fließt. Hierfür kann man fertige Meßzellen kaufen (~ 60 €), oder selber was basten. Bei meinem absoluten PVC-Lieblingshändler habe ich dafür u.a. 20cm transparentes PVC-Rohr (63mm) besorgt, links und rechts mit passenden Reduziermuffen (63x20mm) verschlossen und auf der Oberseite PVC-Abzweige (63mm x 1/2″) mit Klebesattel aufgebracht. Einen einfachen Durchflussmesser (Flowmeter) hatte ich für eine Hand voll Dollar bei AliExpress gekauft. Belohnt wird man dann mit einem gemütlichen Puzzle-/Bastel-Nachmittag. Man darf die Menge der unterschiedlichsten Fittinge aber nicht unterschätzen, es lohnt sich das vorab genauestens zu planen. Ich habe in „nur“ vier verschiedenen Online-Shops bestellen müssen, um alle Teile zu bekommen…
Die Dosierstrecke
Chlor und pH-Senker werden (flüssig) über sogenannte „Impfventile“ in den Wasserkreis eingebracht. Da beide Chemikalien ziemlich agressiv sind, kommen als Pumpen nur sogenannte „Peristaltikpumpen“ zum Einsatz – da drücken Walzen sozusagen die Flüssigkeit durch einen Schlauch, ohne direkt mit diesen in Berührung zu kommen. Es gibt „normale“ Peristaltikpumpen (meist mit 230V-Anschluss), die kosten rund 100 € pro Stück. Alternativ gibt es aber auch kleine Pumpen bei AliExpress, die einen Bruchteil kosten und nach dem selben Prinzip arbeiten. Weiterer Vorteil: die arbeiten bereits mit 5V, man kann sich also die 230V-Steuerung sparen und die Pumpen mittels MOSFET direkt vom Microcontroller aus ansteuern. Schwierig war nur, Pumpen mit dem „richtigen“ Schlauch zu finden – die meisten sind mit Silikonschlauch (der meines Wissens nicht lange genug Chlorbeständig ist). Ich habe mich für ein Modell mit BPT-Schlauch entschieden. Die Nennspannung beträgt 12V (für eine Leistung von 40ml/min), aber die Pumpen laufen auch zuverlässig mit 5V – dann natürlich entsprechend langsamer (ca. 12ml/min). Zudem waren noch passende Reduzierstücke zum Anschluss des PVC-Schlauchs an die Pumpe nötig (auch AliExpress, 2.4×3.9mm). Eine sogenannte „Sauglanze“ (damit der Saugschlauch immer schön untem im Kanister bleibt) habe ich ebenfalls ganz primitiv selber gebaut (6mm PVC-Rohr, in dem der Saugschlauch drin steckt – mit Heißkleber darin fixiert, mit Kabelverschraubung durch Kanisterdeckel geführt und dort fixiert).
Die Messung
Der vermutlich schwierigste Teil des Projektes war (und ist) die Messung der relevanten Werte. Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach:
- Eine pH-Sonde misst den pH-Wert. Solche Sonden gibt es bei AliExpress oder eBay für 15-20 €. Der pH-Wert wird mittels Verstärkerschaltung als eine Spannung ausgegeben. Man benötigt eine Zwei-Punkt-Kalibrierung, um den Spannungsbereich zu ermitteln, und muss diese unter Umständen alle paar Wochen wiederholen, da sich die Sonde im Betrieb sozusagen „abnutzt“.
- Der Chlor-Wert lässt sich nicht direkt ermitteln, statt dessen misst man das Redox-Potenzial mittels Redox- bzw. ORP-Sonde. Auch diese gibt’s für rund 25 € bei AliExpress. Das Redox-Potenzial ist (nach meinem Verständnis) direkt proportional zum Anteil des freien Chlors im Pool, hierüber steuert man also verbrauchsorientiert die Chlor-Zugabe. Auch die ORP-Sonde liefert eine Spannung zurück, hier genügt aber eine Ein-Punkt-Kalibierung.
Die pH-Sonden haben mich schon fast in den Wahnsinn getrieben. Alle Beschreibungen im Internet reden davon, dass die zugehörige Verstärkerplatine einen Messwert von -2,5V bis +2,5V zurückliefert, und man den Ausgabebereich mittels Poti auf +0V bis +5V verstellen soll. Meine Platinen haben am pH7-Punkt („Kurzschluss“ in BNC-Buchse) aber trotzdem immer mindestens +2,5V ausgegeben, da ließ sich nix dran ändern. Ich vermute, dass es sich hier einfach um eine neuere Version handelt, die grundsätzlich nur positive Messwerte liefert. Aber im Prinzip ist das auch völlig egal – wichtig ist zu wissen, welche Spannungen die Sonde bei zwei definierten pH-Werten liefert, daraus leitet man sich dann eine Umrechnungsfunktion ab. Neben den Sonden benötigt man also auch entsprechende Pufferlösungen (Pulverchen, die in destilliertem Wasser angerührt werden). Details hierzu finden sich in vielen anderen Blog und Beiträgen.
Wie auch im Blog von Alexey sehr gut beschrieben, ist die Messung eine hochsensible Angelegenheit. Man kann nicht beide Sonden gleichzeitig an der selben Spannungsquelle betreiben, weil dann die Ströme „quer“ fließen. Zudem sind wir hier im Bereich von wenigen Millivolt unterwegs, sobald sich das Wasser bewegt kann es zu völlig irrem Meßverhalten kommen. Meine Lösung hierfür (bis auf weiteres): mittels Relais schalte ich immer nur eine der beiden Sonden aktiv, zudem „erde“ ich die BNC-Buchse der Meßverstärker mit im Wasser (d.h. eine winzige Kupferlitze ist außen neben der Meßsonde mit im Wasser drin).
Die Schaltung
Aktuell Baustelle, aber etwa drei Monate lang erfolgreich und problemlos im Probebetrieb:
Herzstück ist ein ESP8266, der per MQTT die Meßdaten an meine SmartHome-Zentrale sendet sowie per MOSFETs die Pumpen ansteuert. Zum exakten Auslesen der Millivolt-Spannungen verwende ich einen ADS1115 (4-Kanal 16Bit A/D-Wandler mit I²C). Ein Levelshifter (3,3<->5V) trennt den Sensorik/Relais-Teil (5V Betriebsspannung) vom Display/ESP (3,3V). Ein kleines Display zeigt die jeweils letzten Messwerte an, sowie die Summe der in den letzten 24 Stunden zugeführten Chlor-/pH-Minus-Mengen. Ein in den Hauptkreis integrierter elektronischer Durchflussmesser (1 1/4″) ist auch noch angeschlossen, schließlich darf nur gemessen und nachdosiert werden, wenn die Pumpe läuft und das Wasser in Bewegung ist.
Wenn nachdosiert werden muss, wird jede Pumpe maximal 60 Sekunden lang eingeschalten (entspricht ca. 12ml). Eine Logik verhindert, dass mehr als 200ml/Tag zugeführt werden (bei starker Pool-Nutzung ist das aber durchaus normal).
WICHTIG: immer (!!!) mit Schutzbrille arbeiten, wenn man an den Pumpen herumhantiert!!! Auch wenn ein Tropfen Chlorlauge auf der Haut nicht gleich zu bösen Verletzungen führt, bei der Hornhaut im Auge sieht das ganz anders aus!!! Ich habe ein paar Jahre lang in einer Augenklinik gearbeitet, das hinterlässt Eindrücke…
Per Grafana habe ich die Meßwerte sowie die Dosierung visualisiert. Mit dem Scuba II habe ich zudem alle paar Tage die gemessenen Werte manuell überprüft. Die Abweichung war minimal, es war über einen Zeitraum von rund 10 Wochen (bis zur Ende der Poolsaison) keine Rekalibrierung der pH-Sonde erforderlich.
Wie geht’s weiter?
Ich betrachte die aktuelle Schaltung und Software noch als „Proof of Concept“. Die Schaltung soll an einigen Stellen noch optimiert werden, da die Meßwerte im einzelnen noch etwas instabil sind (die Mittelwerte sind ok). Wenn das alles passt, wandert alles auf eine ordentliche Platine. Jetzt ist der Pool aber erstmal in Winterpause, ich denke da geht’s also erst im Mai/Juni 2023 weiter.
Und, war das Wasser nun besser?
Ja, aber nicht (alleine) deshalb. 😀 Der Pool ist zwar nicht mehr ganz gekippt und die Messwerte waren durchweg gut, aber trotzdem hatte das Wasser relativ schnell wieder eine nur sehr schwer zu bekämpfende Trübung.
Die vermutete Ursache ist lächerlich banal: eine Unterdimensionierung der Rückspülung.
Im ersten Jahr (als die Pumpe einfach im Freien stand) hatte ich immer mit einem 38mm-Schwimmbadschlauch rückgespült. Mit dem Einbau in die Garage habe ich das gut gemeint an ein DN25 PE-Rohr angeschlossen (zwangsläufig mit einigen 90°-Bögen etc.). Ich gehe davon aus, dass für eine ordentliche Rückspülung nicht mehr genügend Durchfluss möglich war, und der Filtersand somit nie ausreichend gereinigt wurde. Um diesen Verdacht zu bestätigen hatte ich Ende August den Filtersand nochmal komplett ersetzt und ab dann wieder mit 38mm-Schlauch rückgespült.
Was soll man sagen – ab diesem Zeitpunkt war das Wasser immer kristallklar.
Vielleicht hätte es also auch genügt, einfach nur wieder auf eine richtige Rückspülung zu achten, und dann mit Baumarkt-Quattro-Tabs weiter zu machen. Aber nun habe ich eine nahezu vollständige Überwachung und Automatisierung der Wasserqualität, was auch ganz gut ist. Und ich habe unglaublich viel gelernt. 😀