Lüftungsanlage (I)

Da ein Passivhaus naturgemäß sehr „dicht“ ist, damit keine Energie unkontrolliert entweichen kann, ist eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung – kurz „KWL“ – obligatorisch.

Erdwärmetauscher

Es bietet sich ja an, die angesaugte Luft im Winter durch das Erdreich anzuwärmen und im Sommer abzukühlen. Dafür gibt es zwei Ansätze: einen Sole-Wärmetauscher oder einen rein passiven Luft-Erdwärmetauscher (L-EWT) durch Verlegen der Zuluftleitung im Erdreich. Beim Solewärmetauscher hätte ich eigentlich erwartet, den zusammen mit der Heizung an der ohnehin vorhandenen Tiefensonde zu betreiben – das ist aber scheinbar sehr „speziell“, unser Heizungsbauer (von dem wir sehr viel halten) hat uns davon abgeraten. Man könnte selber eine recht primitive PE-Leitung um’s Haus verlegen und das ohne viel Aufwand und Kosten selber installieren, aber mir war das am Ende dann doch zu komplex und zu teuer (hätte alles in allem auch noch mal über 1000,- EUR gekostet, zzgl. viel Eigenleistung). Wir haben uns daher für einen „kleinen“ Luft-Erdwärmetauscher entschieden: die Zuluftleitung ist im Garten, somit durchströmt die angesaugte Luft auf rund 20 Metern Länge die Erde (aufgrund der Randbebauung können wir nicht einfach einmal komplett um’s Haus).

Eine andere Frage die dann auftaucht ist zwangsläufig die nach den richtigen Rohren. Es gibt wohl drei Kategorien: Wellrohre (Schläuche), klassische KG-Rohre (PVC oder PP) oder spezielle Lüftungsrohre (z.B. die blauen Rohre REHAU AWADUKT).
Die Wellrohre sind sehr schnell ausgeschieden: die lassen sich naturbedingt nicht „gerade“ (mit einem sauberen Gefälle) verlegen. Spätestens wenn sich das Erdreich setzt, entstehen Senken, in denen dann Schmutz und Feuchtigkeit stehen bleiben.
Somit bleiben die Rohre übrig: Orange (KG-Rohr aus PVC), Grün (KG2000 aus Polypropylen) und Blau (ebenfalls PP-Rohr, aber antimikrobiell beschichtet etc.). Bei der Entscheidungsfindung kann man sich leicht verrückt machen (lassen), die Preise dieser drei Rohrsorten gehen gewaltig auseinander: rund 10 €/m für PVC, 20 €/m für KG2000 und fast 50 €/m für das Awadukt-Rohr.
Wir haben uns nach langen Überlegungen und Abwägungen für den Mittelweg entschieden, KG2000-Rohr aus PP. Das Material ist fast das selbe wie beim teuren Lüftungsrohr, der Preis aber erheblich günstiger. Ob die Beschichtung ihren Zweck nach 20 Jahren auch noch erfüllen würde ist ohnehin fraglich, und diesen Aufpreis ist die meiner Meinung nach nicht Wert.
Nicht zuletzt gibt es PP-Rohre bei jedem Baufachmarkt „um die Ecke“, inklusive aller Formstücke – man muss das also nicht erst aufwendig bestellen.

Das Gefälle

Das Prinzip ist also extrem simpel, aber ein Detail ist wichtig: die Leitung muss ein durchgehendes Gefälle zum Haus hin haben, damit Kondensfeuchtigkeit (die garantiert entsteht) auf Dauer in Richtung Haus über einen dort installierten Trockensiphon abfließen kann.

Da die Zuluftleitung bei uns schon am Anfang mit einem falschen Gefälle ins Haus gelegt wurde war ich da etwas skeptisch. Beim Eingraben der Rohre war ich nicht dabei um das zu prüfen, und auch unser bauleitender Architekt hat das (neben vielen anderen Sachen) wohl „verschlafen“. Somit führten wir einen sehr einfachen Test durch: in die Zuluft-Leitung im Garten schütteten wir eine definierte Menge Wasser und prüften mit einem Meßbecher im Keller, wie viel Wasser dort ankommt. Ergebnis: auf die knapp 20 Meter Strecke sind über sieben Liter Wasser in der Leitung geblieben!

Der Rohbauer

Der Rohbauer hat den Fehler nicht gleich einsehen wollen und das kurze Zeit später mit einem Kanal-TV-Unternehmen überprüft. Die Diagnose stand schnell fest: zwei Senken, falsches Gefälle. Auch der Rohr-Inspekteur unterstrich dabei noch mal die Wichtigkeit des Gefälles bei der Zuluftleitung. Also rückte der Rohbauer zwei Tage vor unserem Sommerurlaub (2017) an um das zu beheben.

Neuverlegung L-EWT erneut ein Graben vor der Haustür

Blöderweise hat der Rohbauer beim Freilegen der alten Leitung nicht nur eine der auch von ihm verlegten Entwässerungsleitungen zerrissen, sondern auch unsere Soleleitung erwischt. Extrem ärgerlich, aber mein Mitleid hielt sich in Grenzen: der Rohbauer hatte beim Einsanden der Leitungen schließlich auf das Verlegen von Warnbändern verzichtet…

beschädigte Soleleitung

Glück im Unglück: der Brunnenbauer war gerade auch im Baugebiet unterwegs, konnte den Schaden begutachten und gleich am Folgetag reparieren. Die Rechnung (> 500 €) für die Reparatur, Spülung und Füllung übernahm der Rohbauer aber ohne Diskussion.

Zum Schluss hat unser Rohbauer dankenswerterweise noch den restlichen Aushub im Garten verteilt und eingeebnet. Das Augenmaß dafür fand ich absolut beeindruckend – danach sah es im Garten gleich völlig anders aus.

Aushub eingeebnet

Ende gut, alles gut. Der Rohbauer hat zum Schluß ordentlich aufgeräumt, der Lüftungs-Inbetriebnahme stand nichts mehr im Weg. Und so urlaubsreif wie an dem Tag waren wir schon lange nicht mehr…

10 thoughts on “Lüftungsanlage (I)”

  1. Hallo,
    schön das letztlich doch noch alles geklappt hat. Ich bin selbst zufällig in der Vorbereitung eines Luft EWT und hätte eine Frage zur Bezugsquelle der KG2000 Rohre, da diese mit 6€/m doch sehr günstig angegeben sind? (Der Durchmesser ist leider nirgends angegeben, ich bin jetzt von DN200 ausgegangen).

    Ansonsten sehr schöner und informativer Blog! Ich schaue seit dem ersten Verteilerschrank Artikel im letzten Jahr regelmäßig vorbei 😉

    Grüße
    Philipp

  2. Argh! Danke – ich hab‘ mich da wirklich vertan und die Preise von DN110er-Rohren angegeben (den exakten Preis habe ich nicht, weil unser Rohbauer im Angebot nur einen Mischpreis (Rohr inkl. Einbau) genannt hatte).
    Ich aktualisiere die Preise gleich. KG2000 in DN200 liegt bei eher rund 20 €/m brutto. Das Awadukt ist dennoch mehr als doppelt so teuer. 🙁

    1. Danke für die schnelle Antwort, obwohl ich mich schon über die Ersparnis gefreut hatte Die Preise mit um die 20€/m habe ich auch so feststellen können.

  3. Hallo,

    hast du für den Zuluftturm das gleiche Prinzip wie für den Abluftturm verwendet – Lamellenhaube, Längsnahtrohr und Pulverbeschichtung?
    Hast du mir evtl. die Bezugsquellen für Lamellenhaube und Längsnahtrohr .

    Danke!

    1. Die Zuluft löse ich anders: das Zuluftrohr kommt quasi in einer Ecke der Garage aus dem Boden, wird dort knapp 2m nach oben geführt, und geht dann über einen 90°-Bogen durch die Garagenwand nach außen; dort soll so ein Außenwandgitter hin (z.B. so etwas). Einziger Haken: die Garage wird aktuell erst gebaut, die Konstruktion ist daher noch nicht fertig. 😉 (der provisorische Zuluftturm besteht daher aktuell nur aus KG2000-Rohr, ähnlich dem Abluft-Provisorium).
      Die Lamellenhaube hatte ich von Intelmann (verzinkt), das Längsnahtrohr von Lindab (Artikelnr. „LNR200500“).

  4. Hallo,

    Du schreibst explizit, dass die Verlegung der Rohre des L-EWT in Richtung Haus gehen sollen. Ist das bei Dir aufgrund der Bauweise mit Keler und somit der Möglichkeit über Siphon zu Entwässern?

    Bei Bausweise ohne Keller, halte ich Gefälle vom Haus weg und entsprechende Entwässerung/Versickerung für sinnvoller.

    Wie siehst Du das?

    Grüße

    1. Das kommt wohl immer auf die örtlichen Gegebenheiten an. Bei mir kommt das Zuluftrohr im Keller ca. 1,5m über dem Boden in den Raum, damit ist nach unten noch Platz für einen sogenannten „Trockensiphon“.
      In unserem Fall ist der Trockensiphon dann mit an die Hebeanlage angeschlossen (der Abwasserkanal-Anschluss liegt leider relativ weit oben, zudem ist das „Rückstauniveau“ oder so ähnlich vom jeweiligen Entwässerungsbetrieb zu beachten – die schreiben vor ab welcher Höhe man mit Rückschlagventil o.ä. an den Kanal ran muss.

      Beim Bau ohne Keller kommt das Zuluftrohr ja unter der Bodenplatte ins Haus. Bei einer offenen Versickerung hätte ich ganz ehrlich Bedenken, ob das Sickerwasser nicht auch irgendwann müffeln könnte. Prüft mal ob es da evtl auch die Möglichkeit eines Trockensiphons gibt, der dann an den Regen- oder Abwasserkanal angeschlossen wird. Ein nasser Siphon (wie beim Waschbecken) darf es nicht sein, weil das sicher irgendwann stinken wird.

  5. Wir sind momentan in einer Situation wo wir unser vorhandenes L-EWT system erneuern (2003 eingerichtet). Nun stellt sich der Heizungsbauer an dar zu dieser Zeit KG Rohr (nicht ganz sicher, ob PVC oder PP) verwendet wurde, und will es so nicht wieder in Betrieb nehmen.

    Welche Quellen hattest du zusammengetragen also du dich zwischen den einzelnen Rohrtypen entschieden hast?

    1. Die Quellen habe ich nicht mehr wirklich griffbereit. PVC oder PP ist halt der entscheidende Unterschied. Das grüne KG-Rohr („KG2000“) ist aus PP und daher auch wesentlich robuster (u.a. UV-stabil – wichtig falls das nach außen geführt wird).
      So oder so würde ich ausschließlich ein stabiles Rohr und keinen Schlauch/Wellrohr verwenden. In der Nachbarschaft haben manche auch PVC-Rohr, aber nicht als EWT. Bei kurzen Strecken ist da ein Ausdunsten von Schadstoffen eher unwahrscheinlich.
      Unser Heizungsbauer meinte, bei dem durchschnittlichen Luftdurchsatz wäre PVC vermutlich auch egal, da die Möbel im Haus meistens mehr Schadstoffe abgeben. 😉

  6. „Bei kurzen Strecken ist da ein Ausdunsten von Schadstoffen eher unwahrscheinlich.
    Unser Heizungsbauer meinte, bei dem durchschnittlichen Luftdurchsatz wäre PVC vermutlich auch egal, da die Möbel im Haus meistens mehr Schadstoffe abgeben.“

    KG-Rohr ist PVC-U bzw. Hart-PVC ohne Weichmacher und gibt daher keine Schadstoffe ab, von daher bleibt der „ökologische Fußabdruck“ als Minuspunkt.

    Insgesamt hat PVC allerdings einen deutlich schlechteren Wärmedurchgang als PP oder PE – etwas gemildert wiederum durch die 25% geringeren Wandstärken von PVC-Rohren.

    Ich habe das Geld lieber in einen größeren Rohrquerschnitt investiert, was gleichzeitig die notwendige Lüfterleistung verringert durch den geringeren Strömungswiderstand.

    Bei 7 EUR pro m für DN200 ist ein 30m-Kollektor investitionsmäßig vernachlässigbar 🙂

    Grüße Reinhard

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